Da ich seit einer Weile Teilzeitrentner bin, habe ich beschlossen einmal wichtige Worte und Redewendungen aus dem Rentnerleben zu sammeln und zu erklären:

„Das Rentnerkompendium“

Ich gebe jetzt also einen Auszug aus diesem Werk wieder. Es soll 300 Seiten stark werden, und ich habe es auch schon bei Suhrkamp und beim Brockhausverlag zur Veröffentlichung angemeldet

Ich kann ja noch Auto fahren, ich habe noch einen Führerschein:

Realitätsnahe Selbsteinschätzung älterer Menschen, denen noch nicht der Führerschein entzogen wurde. Voraussetzung ist allerdings, dass sich das -> Garagentor noch öffnen lässt und der Autoschlüssel auffindbar ist (woran es meistens scheitert). Der ein oder andere hat allerdings vergessen, dass er sein Auto vor acht Jahren auf Anraten seiner Kinder seinem Enkel geschenkt hat.

Garagentor:

Verschlussplatte vor der Garage, hat sich in früheren Zeiten, als es noch nicht so verbeult war, öffnen lassen.

Rentnerweste:

unglaublich praktische ärmellose Weste, vorwiegend für Männer, in undefinierbarem Grau- bis Beige-Farbton mit zahlreichen Taschen. Die Anzahl der Taschen symbolisiert das Alter des Trägers – für jedes Lebensjahrzehnt eine Tasche

Spiel mir das Lied vom Tod:

(Kommt bei Vorträgen leider nicht immer gut an) Ein Kapitel mit Informationen zu den Themen Friedhofsordnung, Erbrecht und Patientenverfügung

Schaumatte:

a. Opas ein viertel Quadratmeter große Stirnglatzenmatte, die er aufzieht um jüngere Frauen zu beeindrucken, die dann auch tatsächlich kichernd davonlaufen.
b. Omas grüne Pilatesmatte, die sie versehentlich nur mit einem „m“ geschrieben hat, weil sie mal wieder zu eitel war die Brille auf zu setzen.

Einkaufen:

Rentnertätigkeit, die vorwiegend kurz vor Mittag oder zur Feierabendzeit ausgeführt wird. Dabei stützt sich der Rentner auf die Griffe des Einkaufswagens, den er mit atemberaubender Schlendergeschwindigkeit durch den Supermarkt bewegt. Gelegentlich bleibt er rechts stehen und greift nach links ins Regal um dort das Etikett des Karottensalats zu studieren. Um nicht umzufallen, dreht er den Einkaufswagen leicht zu sich und hält sich am Griff fest. Die Handwerker und Bankangestellten hinter ihm haben ja Zeit und können warten. An der Kasse angekommen drängt er sich an der Schlange von fünf Wartenden vorbei mit den Worten „Sie erlauben, ich hab nur drei Artikel“

Bezahlen:
Ende des Einkaufsvorganges und Kulminationspunkt (Drama in 3 Akten)

1. Akt. Der Rentner sucht in den sieben oder acht Taschen seiner -> Rentnerweste seinen Geldbeutel, wird aber erst nach einer Weile in seiner Einkaufstasche fündig. Mit den Worten „Ich hab es passend!“ schüttet er den Inhalt auf das Kassenband. Der Münzhaufen hätte dem Umtauschschalter einer kleinen Bank zur Ehre gereicht.
2. Akt. Da es dem Rentner trotz ernsthaften Bemühens nicht gelingt den Bezahlvorgang einzuleiten, springt ihm die Kassiererin hilfreich zur Seite und sortiert zuerst einmal die Hosenknöpfe und türkischen Lirastücke aus. Die Kassenschlange reicht mittlerweile bis zur Wurstabteilung. Die Bestandsaufnahme ergibt, dass genau zwei Cent fehlen. Weiteres Bargeld führt der Rentner nicht mit sich.
3. Akt. Der Rentner zieht seine Bankkarte, die Kassiererin atmet erleichtert auf. Bankkarte einstecken, Geheimnummer eingeben – falsch. Noch einmal Bankkarte einstecken, Geheimnummer eingeben – wieder falsch. Nach dem dritten Versuch ist die Karte gesperrt. Die entnervte Kassiererin nimmt das Geld, legt zwei Cent aus Ihrem Geldbeutel dazu und der Rentner verlässt den Markt, verwundert über die Ungeduld der Menschen. 

Nachsatz:

So weit zum Buch „Das Rentnerkompendium“. Ich plane auch bereits eine Fortsetzung. Ein siebenhundert seitiger Ratgeber „rentnern“, rentnern als Verb klein geschrieben, „rentnern für Fortgeschrittene unter dem Gesichtspunkt der Work-Life-Ballance“.
Ich nehme Vorbestellungen entgegen, aber nur Vorkasse in bar, denn ich habe Bedenken, dass zum Zeitpunkt der Erscheinung bei dem einen oder anderen das Erbe schon verteilt sein könnte.

Ich habe dies, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit, mit wenig Energieverbrauch hergestellt. Es ist wiederverwendbar und recyclebar. Recyclebar ist es, weil es durch einsetzen beliebiger Namen der angesprochenen Personen leicht an zu passen ist, und wiederverwendbar, weil das Zielpublikum bereits nach wenigen Tagen vergessen haben dürfte, dass es diese Geschichte jemals gehört hat.